Der moderne KI-Chatbot ist längst nicht mehr darauf beschränkt, einfache Dialogoptionen abzurufen. Während frühe Kundenassistenten oft nur ansatzweise an ein echtes Gespräch erinnern, ermöglichen fortschrittliche Sprachmodelle wie GPT-4 inzwischen eine Interaktion, die kaum von einem echten Dialog zu unterscheiden ist. Doch wenn Unternehmen KI-Chatbots als potenziellen Ersatz für Verkäufer einsetzen möchten, kommen rechtliche Fragen ins Spiel – vor allem, ob solche Bots befugt sind, im Namen des Unternehmens rechtsgültige Verträge abzuschließen.
KI-Chatbot als Vertragspartner
Ein KI-Chatbot ist in einer Hinsicht den menschlichen Verkäufern unterlegen: Er ist kein Mensch, auch wenn die Kommunikation oft täuschend echt wirkt. Die Vorstellung, dass ein KI-Chatbot als Vertreter im Namen eines Unternehmens handeln und damit rechtsgültige Verträge abschließen könnte, ist jedoch nicht umsetzbar. Laut § 164 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) muss der Vertreter eine eigene Willenserklärung abgeben, was derzeit nur Menschen möglich ist. So sieht es jedenfalls die geltende Rechtsprechung aus.
Es gibt jedoch bereits verschiedene Ansätze, wie das Recht in diesem Bereich weiterentwickelt werden könnte. Einige schlagen vor, die Regeln zur Zurechnung von Willenserklärungen aus dem BGB auch auf KI anzuwenden, während andere das Konzept von sogenannten „E-Personen“ ins Spiel bringen. Wie bei vielen rechtlichen Neuerungen beginnt auch hier vieles mit theoretischen Ideen, die oft noch eine Weile brauchen, bis man sie in der Praxis rechtssicher umsetzt.
KI-Chatbot als interaktives Formular
Aktuell fungieren KI-Chatbots eher als interaktive, dynamische Formulare. Ähnlich wie in einem Vorgespräch kann die KI im Dialog die Wünsche des Kunden ermitteln und die Vertragskonditionen klären. Am Ende des Gesprächs könnte sie auf das Shopsystem hinweisen, wo der Kunde seine Bestellung überprüfen und abschicken kann. Alternativ kann man den gesamten Prozess auch im Dialog abschließen, was jedoch die rechtlichen Anforderungen an die KI erhöht.
Vertraglich betrachtet unterscheidet sich das nicht grundsätzlich vom üblichen Vorgehen im Online-Versandhandel. Die KI macht kein eigenes Vertragsangebot, sondern hilft dem Kunden, ein Angebot zu formulieren, das dieser an das Unternehmen richtet. Die automatische Bestellbestätigung stellt dabei nicht die Annahme des Kaufvertrags dar. Eine ausdrückliche Annahme bei jedem einzelnen Geschäft ist unpraktisch und rechtlich auch nicht erforderlich. Nach § 151 BGB ist eine Annahme des Verkäufers entbehrlich, wenn der Kunde sie „nach der Verkehrssitte“ nicht erwartet. Im Online-Handel ist es üblich, dass eine Bestellung direkt zum Kauf führt, weshalb nur in Ausnahmefällen eine explizite Bestätigung durch den Verkäufer erwartet wird. Der Vertrag kommt also grundsätzlich ohne ausdrückliche Annahme zustande – spätestens durch schlüssiges Verhalten, wie etwa dem Versand der bestellten Ware.
Die KI schließt den Vertrag also nicht direkt ab, sondern unterstützt den Kunden dabei, seine Vertragserklärung abzugeben. Da im E-Commerce häufig keine Annahme erforderlich ist, kann sie so praktisch den Vertrag zustande bringen. Es gibt dabei jedoch zahlreiche rechtliche Details zu berücksichtigen.
Darauf musst du beim Einsatz von KI-Chatbots achten
Je weiter der Einsatz von KI-Chatbots in der Vertragsanbahnung voranschreitet, desto anspruchsvoller werden die rechtlichen Anforderungen. Bei einer einfacheren Nutzung, wie etwa dem Einsatz eines Chatbots zur Identifizierung von Kaufinteressenten und der Weiterleitung auf die Shop-Seite, gibt es keine besonderen Verbraucherschutzvorschriften, die zu beachten sind. In diesem Fall wird der Vertrag nicht direkt mit dem Chatbot abgeschlossen, und die rechtlichen Anforderungen sind vergleichsweise gering.
Kommt es jedoch zu einer intensiven Nutzung, bei der der Chatbot bereits die Vertragsbedingungen weitgehend festlegt und der Kunde diese nur noch bestätigen muss, steigen die rechtlichen Anforderungen erheblich. In diesem Szenario muss die KI die gleichen Vorschriften erfüllen, die auch im klassischen E-Commerce gelten. Das betrifft insbesondere die Pflicht, den Kunden über wesentliche Vertragsbestandteile zu informieren. Diese umfassen nicht nur die Beschreibung der Ware oder Dienstleistung, sondern auch die Identität des Unternehmens und die Informationen über das Widerrufsrecht.
Einige der wichtigsten rechtlichen Anforderungen bei der Nutzung von KI-Chatbots in der Vertragsabwicklung sind:
- Informationen zu den Vertragsbestandteilen: Die KI muss sicherstellen, dass der Chatbot die begründenden Vertragsbestandteile gemäß Art. 246a EGBGB bereitstellt.
- Versand von Informationen: Um diese Informationen bereitzustellen, muss die KI entweder eine E-Mail senden oder auf eine entsprechende Informationsseite verweisen.
- Hinweis auf kostenpflichtigen Kauf: Der Chatbot muss klarstellen, dass es sich um einen kostenpflichtigen Kauf handelt.
- Möglichkeit zur Überarbeitung: Der Kunde muss vor Vertragsabschluss die Möglichkeit haben, seine Angaben zu überprüfen und gegebenenfalls zu korrigieren.
Für die Umsetzung dieser Anforderungen ist es wichtig, dass der KI-Chatbot nicht nur den Dialog führt, sondern auch alle notwendigen rechtlichen Informationen transparent und verständlich übermittelt. Nur so kann sichergestellt werden, dass der Vertrag rechtlich gültig und in einem sicheren Zustand ist.
Beim Einsatz von KI-Chatbots ist der Datenschutz ein wichtiges Thema
Auch bei der Nutzung von KI-Chatbots muss der Datenschutz beachtet werden, insbesondere wenn personenbezogene Daten wie Namen, Adressen oder Kundennummern im Gespräch erfasst werden. Jede Datenverarbeitung durch einen Chatbot bedarf einer rechtlichen Grundlage gemäß der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Eine mögliche Grundlage ist Art. 6 Abs. 1 lit. b DSGVO, der die Verarbeitung von Daten erlaubt, wenn diese für die „Durchführung vorvertraglicher Maßnahmen“ erforderlich ist. Diese Daten sind oft für den Kaufprozess relevant, was diese Regelung anwendbar macht. Wichtig ist dabei, dass nur die unbedingt notwendigen Daten abgefragt werden. Der Unternehmer muss den Chatbot so gestalten, dass nur solche Daten eingegeben oder gezielt angefordert werden, die für den Vertragsabschluss erforderlich sind.
Es reicht nicht aus, die KI-Chatbots einfach ihre Aufgaben erledigen zu lassen – du musst sie aktiv steuern und inhaltlich einschränken, um sicherzustellen, dass nur die relevanten Informationen abgefragt werden und keine unnötigen Daten erfasst werden. Aktuell ist es bereits möglich, bestimmte Inhalte aus den Ergebnissen der KI herauszufiltern. Beispielsweise blockiert ChatGPT Ausgaben, die gefährlich oder unzulässig sind. Die echte Herausforderung besteht jedoch nicht darin, KI in den Vertragsprozess zu integrieren, sondern sie so zu kontrollieren, dass sie den rechtlichen Anforderungen entspricht und sicher bleibt.
Ja, es gibt kostenlose Tools, mit denen du einen einfachen KI-Chatbot erstellen kannst, aber die Funktionalitäten sind oft begrenzt. Für komplexe Anwendungen sind möglicherweise kostenpflichtige Dienste, erweiterte Funktionen erforderlich oder Programmier-Fähigkeiten erforderlich.
Ein KI-Chatbot kann Verträge nicht direkt abschließen, sondern er kann den Kunden durch den Vertragsprozess führen und dabei unterstützen, Angebote abzugeben. Die endgültige Vertragsschließung erfordert jedoch die Zustimmung des Unternehmens oder eine gesonderte Bestätigung.